Nadelfieber

Diesmal fahre ich mit Strickzeug in den Urlaub, gleich ein paar Kilo Wolle habe ich dabei, zum Teil auf die Koffer meiner Mitreisenden verteilt. Nachdem mein Schal so gut gelungen ist, hat mich das kreative Fieber gepackt (und so ganz nebenbei schmuggle ich mir auf diesem Weg gleich drei weitere neue Teile in den Schrank!).

Ein Modell habe ich mir zugegebenermaßen geklaut, eine rote Strickjacke von Y´s, die nicht nur gespenstisch teuer sondern vermutlich puppengroß ist, selber kann ich sie mir natürlich passend stricken und Wolle aussuchen, die ganz genau den Rotton von meinem neuen Rock hat – und die ist öko und hat nur 10% vom Ladenpreis der Jacke gekostet! Anstandshalber werde ich mir ein paar kleine Variationen ausdenken, aber eher so nach „Hier stimmt was nicht, finde die 10 Fehler!“ Prinzip. Ich schätze mal, Yohji Yamamoto wird´s ohnehin egal sein.

Das zweite Teil wird ein warmer Pulli, der in Look and Feel zum Tweedmantel von Rundholz passt, den ich heuer wieder vom Speicher geholt habe. Ich werde ihn nach meinem eigenen Schnitt stricken, aber die Idee zu den dekorativ umstickten Nähten stammt von Nelly Johansson.

Nummer 3 schließlich soll das große nachhaltige Ästhetik Experiment werden. Ein schwarzer Pulli, in dem ich alles Mögliche ausprobieren möchte: Fehler im Muster für den selbstgestrickten Touch, am Liebsten so, als hätte das ein Kind gemacht (brauche ich vermutlich nicht absichtlich machen, reicht wenn ich nichts ausbessere!). Außerdem verschiedene farbige Elemente, die aussehen wie geflickt bzw. wie wenn ein Stückchen eingesetzt worden wäre, also getragen, aber nicht runtergeschlampt, obwohl, ein paar Fäden werde ich vielleicht doch hängen lassen, sieht so schön aus bei Stella´s Kleid….

Da ich mir in der letzten Zeit häufig selbst kritisch über die Schulter geblickt habe, ist mir aufgefallen, dass es oft die geniale Kombination ist, die mein inniges Verhältnis zu manchen Dingen begründet: Der Schal, der zufällig genau die gleichen Farben hat, die abgefahrenen Schuhe, die Ohrringe, die dem Outfit ganz genau den richtigen Twist geben. Oft haben diese Details auch eine Entdeckungsgeschichte, die ihren emotionalen Wert noch steigert. Ein gutes Beispiel ist das etwas spießige T-Shirt von Marina Rinaldi, das tatsächlich seit Jahren seinen Platz in der Garderobe meines Lebens behauptet. Ich habe es im Rinaldi Shop in Nicosia gekauft, ohne davon 100% überzeugt zu sein. Und dann in einem Ramschladen gleich nebenan für ein Spottgeld die passende Kette gefunden, farbige Holzteile einfach an einen Faden geknüpft 3 davon in exakt denselben Farben wie die abstrakten Linien auf dem Shirt, aber statt des Blassgelb gibt es ein Blasslila und Petrol sowie, der Clou, eine kleine Irritation, ein Holzteilchen in einem fiesen Kackebraun, das auf dem edlen italienischen Stück natürlich nicht vorkommt! Ich weiß nicht, ob Ihr Euch vorstellen könnt, wie begeistert ich war, so ein Glücksfall – ich habe mich bis heute nicht eingekriegt.

 

Diesen Effekt versuche ich jetzt andersrum zu nutzen und habe die Farben für mein Flickwerk nach einer sehr aparten Kette ausgesucht, die ich heuer im Museumsshop der Biennale gekauft habe.

Ready for Take-off, jetzt kann die Nadel fliegen!

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