Modisches Intermezzo
Gestern, bei meiner Ankunft in Albisola, ich hatte mein Neonkleid an, also mega unauffällig, fuhr ich als erstes verkehrt rum in eine Einbahnstraße. Zu meiner Ehrenrettung sei gesagt, dass diese Straße, ein enges Altstadtgässchen in dem meine angemietete Bleibe sein musste, von der anderen Seite mit Pollern verschlossen war –weil man nur bis 10 Uhr morgens reinfahren darf, erfuhr ich später, die Poller konnten wegeklappt werden. Die verbotene Seite dagegen war offen, also nix wie rein.
Da die meisten Häuser keine Nummer hatten, fragte ich bei einem Barista – wie sich herausstellte genau gegenüber. Der war ganz geschockt beim Gedanken, dass mich die Polizei erwischen könnte und riet mir, schnell umzukehren – bloß wie? Die Straße war kaum breiter als mein 3er BMW und wo mehr Platz war, wurde er intensiv genutzt, um Waren anzubieten oder Café zu trinken. Seitenstraßen gab´s auch nicht, also rauschte ich in meinem offenen Cabrio wie die Königin von Saba einmal quer durch die Altstadt, bis ich bei den Pollern am anderen Ende angekommen war. Dort gab es eine Umkehrstelle und dann ging´s den gleichen Weg zurück.
Weil´s jetzt eh schon egal war, hielt ich vor dem Haus, um Koffer und Tasche auszuladen, bevor ich mir irgendwo jwd einen Parkplatz suchte. Sofort zischte die Besitzerin des Ladens nebenan heraus, um mich zu vertreiben. „Se anche e vestita belissima, non si puo fermare qui!“ (Wenn Sie auch wunderschön angezogen sind, Sie können nicht hier stehen bleiben!). Hatte ich ja nicht vor, ich wollte nur schnell meinen Koffer reintragen. Gleich hieß es wieder, die Polizei werde jeden Moment kommen, das gebe eine dicke Strafe!
Ich habe trotzdem mein Gepäck in die Wohnung getragen, das dauerte etwas, sehr steile Treppen bis zum 2. Stock und die zweimal, weil ich Koffer und Tasche nicht gleichzeitig tragen konnte. Als ich wieder rauskam, hatte sich eine spontane Nachbarschaftsversammlung um meinen Wagen gebildet, die mich mit Neugier und einem gewissen Respekt musterte. Die Vigili seine schon dagewesen, erfuhr ich, hätten aber zur allgemeinen Verblüffung keinen Strafzettel ausgeschrieben. Sie kämen in fünf Minuten wieder, dann müsste ich weg sein…sowas hätte man noch nie erlebt und ich sollte jetzt aber wirklich sehen, dass ich weiterkomme, denn nochmal wären die nicht so gnädig….
Ich nehme an, die Vigili hatten mich vorher schon im Visier und hatten ihrerseits noch nie so einen Auftritt erlebt, wie ich ihn grade geboten hatte – Italiener wissen sowas zu schätzen! Jedenfalls war ich in meiner neuen Nachbarschaft gleich so bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund, die Leute grüßten mich und der Barista nannte mich „Amore“, wie seine Stammkundinnen.
Was so ein dezenter Auftritt im Neonfummel alles bewirken kann – viva la moda!