Jetzt sitze ich mit meinen Wintersachen hier im Survival Camp, und es wird langsam Sommer. Zuhause wartet meine sorgfältig kuratierte Sommergarderobe auf mich, aber ich kann mich nur am IPad durchtindern, während die Pelzkäfer und Motten sturmfreie Bude haben und vielleicht gerade in meinen Klamotten Party feiern.
Die Sorgen hätte ich auch gern, denkt Ihr jetzt wahrscheinlich, aber für mich hat der triste morgendliche Blick auf Wolljacke und Co Symbolkraft. Genau in diesem banalen Moment weiß ich nicht nur, dass ich weggesperrt bin, abgeschnitten von meinem Leben, ich fühle es. Nur selten war mir bewusster, was für ein wertvolles Kulturgut Freiheit ist, ja, auch die bürgerliche Kleidungsfreiheit. Unser buntes Straßenbild ist das Bild einer Gesellschaft, in der jeder partizipieren, jeder sich zeigen und dabei er selbst sein darf. Das war nicht immer so, das ist unbedingt erhaltenswert – die Sachzwangskultur, die sich gerade so brachial Bahn bricht, macht mir zutiefst Angst, ich hätte nicht gedacht, dass das bei uns möglich wäre.
Also versuche ich, im dunklen Keller ein Liedchen zu singen. Heute wasche ich die Wintersachen und packe sie weg, dann sind die schon mal sauber für den Heimflug irgendwann. Ich wasche die Sommersachen, die ich hier im Schrank gefunden habe und hänge sie raus. Viel ist es nicht, hauptsächlich altes Zeug, das ich als eiserne Reserve dagelassen habe, falls mal der Koffer nicht mitkommt. Zu meinem Glück hatten wir im letzten Herbst viel mitzunehmen, Olivenöl, Zitronen, Meersalz, deshalb habe ich auch ein paar (wenige) gute Sachen hier, ich dachte, vor dem Sommer komme ich eh wieder her. Nun, jetzt bin ich da und ich freue mich über meine Funde, vor allem über die Leinenkombi in Taupe, mal eine helle Farbe. Ich habe auch leichtere Hosen zu den drei neuen Shirts gefunden, die ich immerhin mitgebracht hatte, eine ist sogar richtig stark und ich hatte sie ganz vergessen. Bescheidene Freuden!
Man könnte diese missliche Quarantäne einfach als interessantes Beschränkungsexperiment umdeuten, aber leider stimmen die Rahmenbedingungen nicht wirklich, man geht ja nicht raus! Was trägt man im Knast? Schwarzweiß gestreift? Hab ich auch was gefunden…
Im Ernst, ich glaube nicht, dass ich mich nach dieser strangen Erfahrung von meinem Kleiderballast befreien möchte, im Gegenteil, in dieser dürren Wüste habe ich Halluzinationen von meinem üppigen Kleiderschrank zuhause, eintauchen, auswählen, anziehen – Freudentaumel!