Meine Capsule Kollektion
Auch wenn ich nicht viel von Beschränkung halte, der Gedanke, kleine Kollektionen rund um ein Thema zu komponieren, lässt mich nicht mehr los. Klingt nach noch mehr Spaß beim Styling! Mich fasziniert auch die Idee, meiner eher gedämpften Farbpalette mit ein paar gezielt platzierten, temporären Farbtupfern zusätzlich Highlights aufzusetzen. Gut, temporär klingt jetzt per se nicht so wirklich nachhaltig, aber ich spreche ja nur von kitzekleinen Akzentchen, die letztendlich sogar dazu führen könnten, dass ich mich ansonsten noch mehr auf wenige Basicfarben konzentriere…und schwarz färben könnte man später im Zweifelsfall fast alles! Schönreden auch, also lassen wir das mal einfach so stehen.
Ich habe mich im Netz ein bisschen umgesehen, viele Designer, wie zum Beispiel Anette Görtz oder Lala Berlin, geben nicht nur Lookbooks heraus, sondern schreiben auch über das Konzept der Kollektion. Welches Frauen-/Menschenbild sie im Kopf haben, welche aktuellen oder historischen Bezüge sie aufgreifen, ist nicht nur modisch sondern auch soziologisch durchaus interessant und belegt, wieweit ein individueller Kleidungsstil gleichzeitig Zeitgeschichte ist. Es war ziemlich spannend, sich die Klamotten mit diesem Wissen im Hinterkopf anzusehen, sie haben tatsächlich mehr Tiefgang gewonnen. Ich stelle mir vor, dass es ein zeitaufwändiger Prozess ist, bis sich so eine Konzeption überzeugend herauskristallisiert hat, die Outfits mit Bedeutung aufladen kann.
So hoch will ich es jetzt nicht aufhängen, ich gehe mein Zeitkapsel Experiment eher spielerisch an. Nachdem ich ohnehin meine Klamotten nicht nur bei Saisonwechsel umräume sondern meine kleine aktuelle Abteilung in einem fließenden Prozess neu bestücke, kann ich einfach mal nachspüren, warum die neugestylten Outfits für mich gerade absolut cutting edge sind. Um was geht`s da eigentlich, welche Emotionen und Inhalte thematisiere ich mit meinen Sponti Outfits die aus irgendwelchen aktuellen Einfällen entstehen? Vielleicht kristallisiert sich dabei ein aktuelles Grundthema heraus, vielleicht kann ich mich auf das konzentrieren, was mich gerade wesentlich beschäftigt und vielleicht kann die Beschränkung auf ein bestimmtes Konzept mein Einkaufsverhalten kanalisieren (auch wenn ich Zukäufe nach dem Farbakzent, den ich gerade setzen will, einkalkulieren muss). Vielleicht gibt es dann tatsächlich mehr „Kulturgenuss“ statt fröhlicher Geschmacksverirrung? Fashionable sublimation? Hat da grade Freud gelacht?
Auf jeden Fall erwarte mir von meinen Zeitkapseln eine Langzeitverbesserung meiner Selektion: Was sich über die Saison links an der Stange hält, hat gute Chancen in den all-time-darlings Schrank mit der Garderobe meines Lebens aufgenommen zu werden. Was auf meiner Kleiderstange nach rechts abgedrängt wurde, landet erstmal auf dem Speicher. Ungewiss, ob es jemals in den Zenith meiner Gunst zurückkehren darf, oder irgendwann einer noch ungeklärten Zweitverwertung zugeführt wird – so bitter, ich muss mir dazu unbedingt was einfallen lassen! Zunächst mal werde ich mir diese Teile beim Saisonwechsel ganz genau ansehen um herauszufinden, was ich mir in Zukunft besser nicht mehr kaufen sollte.
Foto vom inneren einer großen Plastik von Christina von Bitter