Die 4 SSSS

Wie vermeidet man Fehlkäufe? Antworten darauf kann man in vielen Ratgebern finden, aber eigentlich genügt der – ehrliche – prüfende Blick in den eigenen Kleiderschrank. Denn er gibt nicht nur Antwort auf die Frage „Was haben die Teile an oder in sich, die ich immer wieder gerne trage?“ sondern auch „Was haben andere nicht?“ Banal? Naja, spannend wird es erst, wenn man weiterdenkt „Und warum nur habe ich sie trotzdem gekauft?“

Schiere Kauflust? Ja, sie sind eher selten, aber es gibt sie, diese Tage, wo ich mir einfach was Gutes tun und dafür Geld ausgeben möchte…muss ja deshalb kein Fehlkauf sein. Aber die Wahrscheinlichkeit ist doch signifikant höher, wenn man nur kauft, um was zu kaufen. Deshalb habe ich mir angewöhnt, später nochmal ganz kritisch zu prüfen, was das Teil wirklich taugt und blödsinnige Erwerbungen gnadenlos zurückzugeben! Online ist das einfach, aber inzwischen bringe ich auch in Läden Sachen zurück, das steigert im besten Fall die Motivation, mich in Zukunft richtig zu beraten und zumindest habe ich dann kein überflüssiges Zeug im Schrank.

Suchtfaktor: Häufiger kommt es vor, dass ich mir was kaufe, obwohl es mir nicht richtig passt und/oder steht, einfach weil ich es unbedingt haben möchte. Manchmal kann man die Teile gut ändern und ich bin glücklich, dass ich sie habe. Bestes Beispiel: Meine großartige Rundholzhose aus der Serie „The blind guiding the blind“. Aber manchmal sitzt das Objekt der Begierde trotz Änderung nicht richtig, es rutscht nach oben oder unten, verdreht sich beim Laufen, beult schnell aus…ich ziehe es morgens noch ziemlich enthusiastisch an, aber schon nach kurzer Zeit fühle ich mich nicht mehr wohl darin, Knöpfe werden geöffnet, Sicherheitsnadeln kommen zum Einsatz. Manchmal steht mir auch die Farbe nicht wirklich, da hilft auch die Extraportion Rouge am Morgen langfristig nicht. Solche Klamotten verschwinden meist schon am Ende ihrer ersten Saison in der Versenkung. Könnte man leicht Abhilfe schaffen und einfach nur noch Sachen kaufen, die wirklich sitzen und mir wirklich stehen? Stimmt. Wenn, ja wenn da nicht die Chance wäre, nach einer kleinen Änderung, mit dem richtigen Schal –einige der göttlichsten Stücke in der Garderobe meines Lebens haben auch anfangs nicht gepasst – wenn ich es jetzt nicht nehme, werde ich es ewig bereuen – was, es ist auch schon reduziert? Schätze, an dem Thema muss ich noch etwas feilen.

 

Schnäppchen: Komische Sache, zum Schnäppchenjäger bin ich erst mutiert, nachdem ich mir zu Beginn der Saison Zurückhaltung auferlegt hatte. Vermutlich war ich früher einfach nur deshalb immun, weil ich mir eh alles schon (zum vollen Preis) gekauft hatte. Gut ist der Schnäppchen Nachschlag insofern für meinen Geldbeutel, aber der Effekt meiner anfänglichen Zurückhaltung für die Umwelt wird umgehend zunichte gemacht. Und die Tatsache, dass ein Teil der Ware zu Saisonende verramscht werden muss, wirkt sich wohl kaum förderlich auf die Arbeitsbedingungen aus. Zu allem Überfluss sinkt auch noch die Tragehäufigkeit tendenziell, jetzt ist es für die Sommer/ Winterschnäppchen schon zu kalt/warm – und wer weiß, ob ich da wirklich im nächsten Sommer/Winter noch Lust drauf habe? Ich werde mir das Schnäppchen schnappen wieder abgewöhnen, das ist nichts für Fairfashionistas.

Schöner: Ja, das ist wirklich sehr ärgerlich, kaum habe ich meine wohlüberlegte Auswahl für die nächste Saison getroffen, finde ich noch was Schöneres! Derselbe Stoff, der gleiche Print, aber schicker geschnitten, mit raffinierteren Details. Und das kommt mir nicht etwa nur so vor, weil ich grundsätzlich nach einer Kaufentscheidung mit mir hadere, tue ich nämlich nie. Es liegt auch nicht daran, dass ich mich vorher nicht genug über das Angebot informiert habe, sondern daran, dass ich mich gar nicht über das gesamte Programm informieren konnte. Bei meiner Lieblingsmarke Rundholz gibt es z.B. in jeder Saison viel mehr Teile als in der Online Übersicht und in den Katalogen präsentiert werden – und dazu kommen meist zuerst die schönen, dann die noch schöneren Sachen in die Läden. Ich möchte jetzt nicht unterstellen, dass das Verkaufspolitik ist, wahrscheinlich warten andere Kunden einfach etwas länger und kaufen nicht schon im Januar bzw. Juli für die nächste Saison ein. Ich aber erwerbe oft zuerst das schöne (das Zuwarten hat ja auch seine Tücken, zumal bei Größe XL) und dann auch noch das schönere Teil und habe damit rückwirkend einen weiteren unnötigen „Fehlkauf“ im Schrank. Annette Görtz, meine zweite Lieblingsmarke, ist übrigens in Punkto Kommunikation rühmliche Ausnahme und wirklich vorbildlich. Man findet Videos ihrer Defilées schon sehr frühzeitig im Netz, ihre Kataloge erscheinen in der Vorsaison und geben einen vollen Überblick. Ich kann mir meine Highlights aus der gesamten Auswahl herauspicken (und im Münchner Laden vorbestellen) und bin bisher nicht von nachrückenden Überfliegern überrascht worden. Wäre schön und wirklich zeitgemäß, wenn alle diesem Beispiel folgen würden! So, da kann ich mich jetzt hinsetzen und drauf warten – oder vielleicht könnte ich doch selbst was tun?

Japans Entrümpelungsqueen Marie Kondo empfiehlt, nur Teile zu behalten die Freude ausstrahlen, sparkling with joy. Könnte das vor dem Kauf von zweitbesten Stücken schützen? Ihre Methode festzustellen, ob was Freude ausstrahlt ist verblüffend: Das Teil ganz fest in die Hand nehmen und warten, wie der Körper reagiert, macht es dsching in Dir – behalten, macht es dschong – weg damit. Probieren kann man´s ja mal…

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