Das ist das Faszinierende an Mode, natürlich steht eine Industrie dahinter, natürlich wird Mode „gemacht“ und uns so präsentiert, dass wir sie auch kaufen, und trotzdem gibt es da auch eine andere Ebene. Da „liegt was in der Luft“ und lässt plötzlich ganz viele Menschen die alte Ballonhose rausholen. (Nicht erschrecken, nur ein absurdes Beispiel das illustrieren soll, wie unberechenbar das Phänomen ist!) Modedesigner schauen nicht nur ganz genau auf die „Street Looks“ bei den Modewochen in London, Paris, Mailand, New York oder Tokio, sie zahlen auch sehr viel Geld an Firmen wie WGSN, die frühzeitig Trendvorhersagen entwickeln. Vorhersagen, nicht die Trends – die entwickeln nämlich wir, die Fashionistas, der „Markt“!
Ich erinnere mich noch heute genau an ein Frühjahr, bestimmt schon 20 Jahre her, in dem die typische Farbskala der 60er ein Comeback feierte. Ich war im Olympia Einkaufszentrum und alle Schaufenster schwelgten in dem charakteristischen schmutzigen Orange, in dem wir damals Furore machten, mit einem faden Lindgrün und Offwhite als Kontrastfarben. Mann, war das mal chic…. Dann fiel mir auf, dass irgendwas nicht stimmte, kein Mensch, wirklich niemand trug das Zeug, statt dessen dominierte auffallend eine ganz andere Farbe, ein leicht graustichiges Lila – das war damals die vierte Farbe im Bunde! Ja, Trend erfasst, aber die falsche Farbe ausgelassen, im Schlussverkauf sahen die Wühltische dann aus wie Osternester, vom Grün noch reichlich da. Damals wurde mir klar, dass man Trends nur bedingt manipulieren kann, das Angebot muss schon „einen Nerv treffen“ um zu funktionieren.
Warum mir das einfällt? Weil wunderbarerweise die Sommerkollektion von Rundholz aussieht, als hätten die mein Wunschzettelchen gelesen! Schlicht aber mit extravaganten Details, auf eine aufgeräumte Art cool, die ich mit skandinavisch assoziiere, und dieser Hauch von Meeresbrise, ja, der lag wohl einfach in der Luft! Ich konnte zwischen gestreiften, groß- oder kleinkarierten Klassikern mit frischem Look wählen – und habe von jedem eine Kombi gekauft. Dafür habe ich die Sachen brav in schwarz/weiß genommen, von wegen längerer Haltbarkeit, aber juchu! irgendwie spielt das doch so ein bißchen ins Nachtblaue, wie schön. Die Prints sehen wie handgezeichnet aus, stellenweise leicht ausgeblutet, was bläuliche Schatten ergibt, und bei Oska habe ich den passenden Schal dazu gefunden, Freude pur.
Ich würde am liebsten alles gleich in den Zypernkoffer packen, aber auch dort ist es jetzt noch zu kalt für die Sachen. Ich werde drei neue Shirts mitnehmen, da kann man eine Wolljacke überziehen und mittags ist es vielleicht doch manchmal warm genug. Außerdem kommt der großartige schwarze Jeansanzug mit, der aussieht, als hätte man ihn aus Resten zusammengestückelt, der ist was für den Übergang. Gestern ist auch noch das dünne Jäckchen eingetroffen, es ist aus demselben Stoff wie das schwarzweiße Shirt, man kann das zusammen als Twinset tragen. Und natürlich müssen die neuen Pullöverchen dabei sein, der grobmaschigen Pulli aus hellem Baumwollgarn mit dem überfärbten Farbverlauf in grau und der Schwarze mit den vielen Täschchen, der passt perfekt zum Jeansanzug. Na gut, den mit dem Karomuster, das genialer Weise durch kunstvolle Laufmaschen entsteht, lasse ich noch da…aber der Schal muss mit.
So viele wunderschöne neue Sachen! Ein oder zwei Gustostückerl im Briefmarkenprint werden wohl noch folgen, aber da will ich diesmal warten, bis die besten Teile kommen. Ein quirky Twister ist auch dabei, ein allover One-Penny-Marken Overall, den konnte ich bei Arabella in England vorbestellen – wie lobenswert! Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn überhaupt tragen kann, er schmeichelt selbst dem Model nicht, aber er ist das Sammelstück der Saison.
Ich wollte, es gäbe auch für Mode einen Ablasshandel wie in vielen anderen Bereichen, Verschwendung ohne schlechtes Gewissen: Ein Klamöttchen zu viel? Macht nix, da pflanzen wir schnell mal ein Bäumchen, bzw. lassen pflanzen, schon ist der CO2 Fußabdruck wieder ok. Das Bäumchen gibt dann einer Baumwollpflückerin Schatten…schöne heile Welt. Ganz ehrlich, mein Suchtstoff müsste wahrscheinlich wirklich sehr viel teurer sein um mich auszubremsen- Vivienne hat schon wieder recht!